Die Regionalgruppe Hannover ist 10 Jahre alt geworden


Am 17.08.2019 ist die Regionalgruppe Hannover 10 Jahre alt geworden. Das haben wir in der Fichteschule angemessen gefeiert.
Es gab zahlreiche Redebeiträge. Hier die Laudatio von Cornelia Heimbucher - Rektorin GS Fichteschule i. R.:


 

Laudatio

 

anlässlich der 10-Jahresfeier der Regionalgruppe Hannover

2009 bis 2019

Als ehemalige Schulleiterin der Fichteschule fühle mich sehr geehrt, die Laudatio auf Seniorpartner in School anlässlich Ihrer 10-Jahresfeier halten zu dürfen. Ich denke, dass ich einiges dazu sagen kann, da ich mit Ausnahme des letzten Schuljahres das Wirken von "SiS" an dieser Schule begleiten durfte.

Spontan verbinde ich eine Laudatio mit einer Oskar-Verleihung. Also habe ich mich etwas genauer mit diesem Thema auseinandergesetzt.

 

Eine Laudatio ist, wie der Name schon sagt, eine Lobrede auf eine Person oder auf Personen, ihr Schaffen, ihr Engagement für die Allgemeinheit.

 

Wie bin ich auf "SiS" gestoßen?

2008 wurde Seniorpartner in School in Braunschweig gegründet. Über einen Zeitungsartikel bin ich damals auf dieses Projekt aufmerksam geworden. Ich habe sofort mit den Braunschweigern Kontakt aufgenommen, weil mich die Grundidee dieses Streitschlichtungsprogrammes fasziniert hat. Seinerzeit erhielt ich die Information, dass das Projekt zukünftig auch in Hannover laufen sollte.

Gemeldet haben sich damals 4 Schulen in Hannover, ausgelost wurden zwei – die Fichteschule hatte kein Losglück. Dennoch kamen wir nach einigem Hin und Her dann doch neben einer weiteren Grundschule in den Genuss, die ersten für Hannover ausgebildeten Mediatorinnen und Mediatoren an unsere Schule zu bekommen. Somit können wir uns an der Fichteschule als eine Keimzelle für die Hannoversche "SiS" Landschaft betrachten.
Und diese Schule kann stolz sein, dass diese 10 Jahres - Feier hier und heute stattfindet.
Meine damalige Sorge zu Beginn des Projekts, ob "SiS" mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern mit unserer multikulturellen und oft sehr temperamentvollen Schülerschaft zurechtkommen, wurde sofort zerstreut, als ich die Gruppe hier zum ersten Mal erlebt habe.
Bei dieser ersten Vorstellung im Kollegium hielt einer der Mediatoren (Herr Thies) eine flammende Rede mit den abschließenden Worten: „Und im Übrigen bin ich ehemaliger Jugendrichter.“ Eine weitere Mediatorin (Frau Köhler) berichtete, dass sie 40 Jahre lang als Lehrerin an einer benachbarten Förderschule tätig gewesen sei und von daher mit Schülern verschiedener Ausprägungen reichlich Erfahrung habe.
Mir wurde seinerzeit deutlich, dass hier ein "SiS" Team startete, das genau wusste, worauf es sich bei dem Projekt eingelassen hatte.
Das damalige Stammteam der Streitschlichter, von denen auch noch heute – nach 10 Jahren – etliche mit ausdauernder Treue dabei sind, zeigte einen unermüdlichen Einsatz, Verlässlichkeit, Geduld und Mediationsgeschick im Umgang mit unseren Kindern. Damals noch täglich 5 Stunden am Vormittag an 4 Tagen in der Woche. Diese Zeitraster haben sich inzwischen verändert.
Ich weiß von meinen Schulleiterkolleginnen und -kollegen, dass diese Ausdauer und Zuverlässigkeit auch an allen anderen Schulen, die von "SiS" versorgt wurden und werden, zu finden waren und bis heute zu finden sind. Eine unglaubliche ehren-amtliche Leistung. Vielen Dank dafür.
In den vergangenen 10 Jahren habe ich interessante, faszinierende Mediatoren-Persönlichkeiten kennengelernt. Über die ganzen Jahre war ich stolz, dass wir solche Personen an unserer Schule hatten und noch haben. Man spürt ihre Liebe zu den Kindern, zu ihrer ganz besonderen Aufgabe.

 

Was macht "SiS" ebenfalls besonders?

Sie sind ein wichtiger Teil eines multiprofessionellen Teams an unseren Grundschulen.
Die Implementierung von Streitschlichtungsprogrammen und Möglichkeiten gewaltfreier Konfliktbearbeitung gelten als zentrale Elemente der Gewaltprävention und der Verbesserung des Schulklimas. Unbestritten liegen die Stärken von Streitschlichtungs - Programmen im Bereich des sozialen Lernens und  der Regelung von kleinen  und großen Alltagskonflikten.


Keine Organisation, keine Schule, wird und ist stark, wenn es nicht solche starken Mitglieder wie die Seniorpartner im Team hat. Für mich entstand im Laufe dieser vergangenen 10 Jahre zu vielen Mediatorinnen und -mediatoren eine enge, sehr persönliche Beziehung, die auch mich gestärkt haben, indem sie mir mit ihrer Lebenserfahrung Mut in für mich schwierigeren persönlichen Situationen gemacht haben. Dafür bin ich sehr dankbar.
Die "SiS" Teams sind in der Schulgemeinschaft eine spürbare Hilfe insbesondere für Kinder und Lehrer; sie sind eine echte Hilfe für die Gemeinschaft.
Die dort tätigen Mediatorinnen und Mediatoren versuchen den Kindern mit einem hohen Qualitätsanspruch zu vermitteln, wie man selbst eine einvernehmliche Lösung bei einem Streit finden kann.
Für mich persönlich – als ehemalige Schulleiterin und Lehrerin - bedeutete die Unterstützung durch die Streitschlichterinnen und -schlichter eine große Entlastung. Mit ihrer Neutralität im System Schule kümmern sie sich um Streitigkeiten, für deren Klärung wir Lehrkräfte neben unserer originären Aufgabe des Unterrichtens und vielen weiteren Aufgaben kaum die dazu notwendigen Zeitressourcen haben.

 

Zum Titel „Raum der guten Lösungen“:

Wenn ich Gäste durch unsere Schule geführt habe, sind sie immer über den Namen des Raumes gestolpert, in dem die Mediation stattfindet: „Raum der guten Lösungen“
Der Name wurde von den Besuchern als sehr kreativ und passend empfunden. Aus meiner Sicht hat dieser Name eine große Aussagekraft für das, was dort hinter der Tür passiert. Außenstehende wollten immer mal wieder gelegentlich Mäuschen spielen. Aber der Raum der guten Lösungen ist ein geschützter Raum. Schließlich unterliegen die Mediationen der Schweigepflicht. So kann ich natürlich auch keine besonderen Geschichten aus den Mediationen erzählen. Ich kann nur davon berichten, wie die Mediatoren Tätigkeit nach außen gewirkt hat.
Mit Elan, Geduld, einer Menge Empathie und vielen freundlichen Worten haben die "SIS" Mitarbeiter im Raum der guten Lösungen an unserer Schule dafür gesorgt, dass das Projekt ein großer Erfolg wurde, was sich an anderen Schulen herumgesprochen hat und logischerweise dort  zu Begehrlichkeiten führte. Ich kann voller Überzeugung behaupten und habe dieses immer so vertreten: Wer eine hohe Qualität, Engagement und Zuverlässigkeit im Bereich der Kindermediation sucht, ist bei "SiS" immer an der richtigen Adresse. Vielen, vielen Dank auch hierfür.
 

Der Einsatz von Mediatorinnen und Mediatoren an den Grundschulen ist nicht nur eine einseitige Hilfe für die Schule. Es besteht eine „Win - win“ Situation für die Beteiligten:

Insbesondere durch die permanente Unterstützung von Mehr Aktion für Kinder und Jugend e. V. wurden und werden die Mediatoren hervorragend aus- und fortgebildet zum Nutzen der jeweiligen Schule.
Aber auch die Senioren profitieren von dieser Aufgabe. So bedeutet die Mitarbeit bei "SiS" bei einigen der Mediatoren oft eine neue Aufgabe nach der Pensionierung.  Senioren behalten durch diese Tätigkeit den Anschluss an die jüngere Generation. Sie haben die Möglichkeit zu erfahren, welche Sorgen diese Kinder haben, womit sie sich beschäftigen. Sie können ihre eigene Lebenserfahrung an Kinder weitergeben und stellen ihre Kompetenz zur Verfügung. Ihre Ehrenamtlichkeit ist ein Dienst an der Gesellschaft und hilft auch dem eigenen Wohlbefinden – hält fit und macht zufrieden.
Im Rahmen eines Interviews mit dem Titel „Streiten lernen, warum ich als Schul-mediator unterwegs bin“ machte ein Mediator (H.-P. Kruse) folgende Aussage:
Die "SiS" Mitarbeiter haben den Wunsch nach aktivem Leben, die Freude am Lebendigen, die Neugier auf Neues und den Wunsch nach Teilhabe am bürgerlichen Engagement. Es ist eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Sie wünschen sich eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Schulteam.

Zu einer Laudatio gehören auch wichtige Stationen, Momente und Verdienste

Ich werde jetzt keine statistischen Daten anführen, die über die Jahre ganz sorgfältig notiert wurden und sicher spannende Zahlen, Informationen und Entwicklungen zeigen. Eine Zahl ist mir jedoch noch gut in Erinnerung. Die 1000ste Mediation an der Fichteschule. Dieser Meilenstein wurde im November 2013 (nach 4 Jahren) gewürdigt.
Wir haben über die Jahre – wie in einer großen Mehrgenerationenfamilie - Freud und Leid geteilt und manch kritische Situation überstanden. Wir haben gemeinsam getrauert, wenn ein "SiS" Mitglied verstarb. Wir haben Feste im Rahmen des Schullebens gefeiert. Wir haben den aufregenden Auftritt von "SiS" in der Plattenkiste des NDR verfolgt.
Unsere Schule erfreute sich neben der Mediation auch am regen Engagement von Teammitgliedern bei weiteren schulischen Aktivitäten wie beispielsweise den Vorlesewettbewerben.
Natürlich muss auch der besondere Einsatz im Rahmen der Flüchtlingswelle 2015 erwähnt werden, bei denen Flüchtlingskindern von den Mediatorinnen und -mediatoren in Form von Leseunterstützung zusätzliche Hilfe angeboten wurde - auch dieses war keine Selbstverständlichkeit.

Abschluss:

Nach 10 Jahren ist es auf jeden Fall an der Zeit, das besondere ehrenamtliche Engagement der Seniorpartner in School herauszustellen und zu würdigen. In einer Zeit, in der egoistisches Denken und Handeln, Respektlosigkeit, sprachliche Verrohung dominant zu werden scheinen, werden wir von diesen besonderen  Mitgliedern der älteren Generation wieder an die wichtigen Werte einer Gesellschaft wie Respekt, Anstand, gegenseitiges Verständnis, uneigennützige Hilfe für andere erinnert.

Stellvertretend für die Schulgemeinschaft bedanken ich mich bei allen Mitgliedern von "SiS" und ebenfalls bei denen, die dieses Projekt durch Förderung unterstützen. Möge das Projekt "SiS" noch lange an unserer und anderen Schulen als Ausdruck für Menschenliebe und wünschenswerter Streitlösung fortgeführt werden. Seien sie uns noch lange Vorbild. Trotzen Sie schwierigen Zeiten, trotzen Sie Phasen, wo man nicht mehr weitermachen möchte.
Genießen sie es, mit ihrer Lebenserfahrung an den Schulen gebraucht zu werden. Freuen sie sich über den besonderen Anlass – 10 Jahre "SiS" in Hannover –– und feiern sie ihn gebührend.
Bei den Oskar Verleihungen wäre an dieser Stelle jetzt die Aussage sinnvoll: Der Oskar in der Kategorie „Bestes Mediationsprojekt – Streitlösung will gelernt sein“ geht an Seniorpartner in School.
Diesen Oskar habe ich mitgebracht und ich würde mich freuen, wenn ich ihn stellvertretend für alle Seniorpartner in School, der nach meiner Kenntnis vermutlich ältesten aktiven Mediatorin überreichen darf – Frau Köhler.